Wie kann man in Ruhe leben?

Zuerst ein mal vielen Dank für deine Frage. Das ist eine sehr häufige und auch sehr wichtige Frage. Ich hoffe, die Antwort entmutigt dich nicht zu sehr. Sie eigentlich ziemlich einfach zu beantworten.

denn: Wir können nicht in Ruhe leben !!!

Trotz dieser Tatsache bleibt die Frage gültig und wichtig. Wir können versuchen zu verstehen, was Ruhe ist, was uns aus der Ruhe bringt und ob die Ruhe wirklich etwas so wünschenswertes ist?

Wir können Fragen nur aus unserer jetzigen Perspektive und Erfahrung raus stellen. Was wir jetzt erfahren, ist die Unruhe. Diese Unruhe ist subjektiv und wird durch innere und äußere Umstände verursacht. „Leben“ kann man eigentlich als Synonym für Unruhe nehmen. Wenn es „Leben“ gibt, dann gibt es keine Ruhe.

Man stelle sich eine Privatparty in einer Wohnung vor. Die Teilnehmer an der Party genießen laute Musik, doch die Nachbarn fühlen sich zur gleichen Zeit gestört. Die gleiche Sache – in diesem Fall z.B. Musik – kann Grund zur Freude und gleichzeitig zur Störung sein. Jedoch beide Erfahrungen sind Unruhe, oder anders ausgedrückt, Bewegung/Dynamik/“Leben“. Eine wird als angenehm und die andere als unangenehm erfahren.

Ein anderes Beispiel wäre der Regen. Man stelle sich die Sehnsucht des Bauers nach Regen vor, wenn es seit längerer Zeit eine Dürre gegeben hat. Auf der anderen Seite stelle man sich die Sorgen eines Großveranstalters vor, der eine Open-Air Veranstaltung geplant hat. Sollte es regnen, würde das dem Bauern Freude, aber dem Veranstalter Sorge bringen. Bei Abwesenheit des Regens würde dann das Gegenteil eintreten. Sollte es jedoch bewölkt sein, und so aussehen, als ob es regnen würde, dann wären beide mit ihren Erwartungen und Ängsten angespannt, und erst im Laufe der Zeit würde sich dann zeigen, wem „das Schicksal oder die Götter gnädiger gesinnt“ waren.

Das Leben ist voll von unzähligen Umständen und Erfahrungen, die in ihrer Gesamtheit ein Gefühl bedingter Zufriedenheit oder Unzufriedenheit in uns hinterlassen. Jemand, der eher unzufrieden im Leben ist, stellt sich die Ruhe als eine Art Erlösung, oder das Nichtvorhandensein der Unruhe und ihrer Ursachen vor. Auf der anderen Seite würden die zufriedenen, genießenden Menschen, die Ruhe als eine Nichtanwesenheit der Ursachen ihres Glücks empfinden.

Das kann man sich wie den Kontostand „0“ vorstellen. Kontostand „0“ ist für jemanden, der von den Schulden getrieben und erwürgt wird sehr wünschenswert, während er für jemanden, der Geld ausgibt und geniest, der Verlust von Allem bedeutet.

Auf diese Weise könnte man vereinfacht die Erfahrung der Dualität der materiellen Welt darstellen.

Wovon hängt jetzt ab, ob man sich in schwarzen oder roten Zahlen befindet, ob das Leben es „gut oder schlecht“ mit einem meint? Dieser Zustand wird als Karma bezeichnet. Karma kann man sowohl als Handlung, wie auch als Ergebnis der Handlung verstehen. In unserem Beispiel wäre der schwarze oder der rote Kontostand das Ergebnis unserer früheren Handlungen.

Handlungen sind nicht einfach nur Tätigkeiten, sondern sie bestehen aus Tätigkeiten und zusätzlich aus gewissen Absichten. Das Ergebnis beider bestimmt unser Karma. So kann man vereinfacht sagen, dass Tätigkeiten die dem Gemeinwohl gewidmet sind, gutes Karma schaffen, und Tätigkeiten, die selbstischer Natur sind, schlechtes Karma, oder negative Umstände in der Zukunft bringen. Auf diese Weise kann man verstehen, warum das alte Sprichwort besagt: „Jeder ist seines Glückes Schmied.“ Es gibt nämlich keine Umstände im Leben, die wir nicht selbst durch unser Handeln verursacht haben. Das gilt so, auch wenn wir die Zusammenhänge und die Zeitpunkte nicht mehr genau erinnern oder erkennen, denn diese können, um das Rätsel des Lebens und der Existenz noch komplizierter zu machen, eben auch in zurückliegenden Leben verstreut liegen.

Das Karma, das wir in den jetzigen Umständen als Ergebnis unserer vergangenen Handlungen erfahren, ist insofern wichtig, dass wir es verstehen und akzeptieren lernen müssen, denn nur so werden wir uns darüber bewusst, wie wichtig es ist, was wir jetzt tun sollen. Das Karma als Handlung im jetzt ist die direkte Ursache des Karma als Umstand in der Zukunft.

Man kann zum Alkoholiker werden, oder sich sonst irgend wie im Leben degradieren, in dem man bspw. die Ergebnisse des guten Karmas, in Form einer Erbschaft verbraucht, oder, in dem man das aus Schulden und durch neue Schulden tut.

Gutes und schlechtes Karma als jetziger Lebensumstand kann nicht nur am finanziellen Rückhalt gemessen werden. Es ist ein Zusammenwirken von mehreren Aspekten, wie dem sozialen, familiären, physiologischem-gesundheitlichen und allem voran dem Rückhalt in den eigenen Wertvorstellungen und dem Charakter einer Person.

Man kann ein Mensch mit starkem Charakter nur dann sein, wenn man entschlossen ist, die Dualität der materiellen Welt zu überwinden. Dazu empfehlen die heiligen Schriften, dass man die Verbindung mit der Transzendenz sucht. Die sogenannte Ruhe hilft einem da wenig. Wie in guten, so auch in schlechten Zeiten, dem transzendentalen Ideal gewidmet zu sein, bedarf eines starken Glaubens und Begierde. Materielle oder karmische Umstände, wie Intelligenz, Macht, Geld usw., in ihrem Vorhandensein wie auch in Nichtvorhandensein, können einem auf diesem Pfad weder helfen noch ein Hindernis darstellen.

Aus diesem Grund ist der Pfad des Glaubens, der Liebe und des Dienens etwas natürliches im Leben, während die Suche nach Ruhe etwas Abstraktes und Verwirrendes ist und bleibt, so wie auch der Versuch, Glück zu genießen, welches nie vom Leid nicht getrennt werden kann.

Wir sollten daher Ruhe vom Frieden unterscheiden. Ruhe gibt es nicht, weil alles, das ganze Universum sich ständig in Bewegung befindet, wodurch immer neue karmische Umstände und Erfahrungen geschaffen werden.

Zum Schluss möchte ich noch das „Gebet um Gelassenheit, Mut und Weisheit“ von Reinhold Niebuhr zitieren, in dem er sehr schon die Geisteshaltung wiedergibt, durch die wir Frieden erreichen können.

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Im Glauben liegen viele Geheimnisse und Antworten verborgen.